Nationalpark Schwarzwald

3.000 Hektar Ruhezone für Tiere: Nationalpark Schwarzwald zu einem Drittel jagdfrei

Die Tiere im Nationalpark Schwarzwald haben seit 1.8.2019 eine jagdfreie Ruhezone von 3.000 Hektar Fläche - das ist ungefähr ein Drittel des Nationalpark-Gebietes. In den nächsten Jahren soll die jagdfreie Ruhezone auf rund drei Viertel der Nationalparkfläche ausgedehnt werden.

So paradox es klingen mag: In Deutschland wird in Naturschutzgebieten und sogar in Nationalparks Jagd auf Tiere gemacht - so genannte Jagdruhezonen gibt es nur in Kernbereichen. Und das, obwohl in Gebieten ohne Jagd die Erfahrungen überall die gleichen sind: Die Tiere verlieren die Scheu, Natur und Tierpopulationen regulieren sich selbst. In vielen anderen Ländern sind Nationalparks jagdfrei, wie der Schweizerische Nationalpark (jagdfrei seit seiner Gründung 1914) oder die großen italienischen Nationalparks wie Gran Paradiso (jagdfrei seit 1922) und der Nationalpark Belluno in den Dolomiten (jagdfrei seit 1990).

Röhrender Hirsch

Röhrender Hirsch

Bild: Walter Finkbeiner (Nationalpark Schwarzwald)

Ruhezone im Nationalpark Schwarzwald soll ausgeweitet werden

Die Wildtiermanager im Nationalpark Schwarzwald wollen in der 3000 Hektar großen Ruhezone beobachten, wie Tiere und Pflanzen sich entwickeln, wenn der Mensch überhaupt nicht mehr eingreift denn das sei schließlich Sinn und Zweck eines Nationalparks.

Ein Drittel der Fläche des Nationalpark Schwarzwald ist jagdfrei. Auf der übrigen Fläche (7000 Hektar) wird vorerst weiterhin gejagt. Die Ruhezone soll nach und nach ausgeweitet werden: Bis zum Jahr 2030 wird im überwiegenden Teil, also auf mindestens 51 Prozent der Fläche, nicht mehr in die Wildtierpopulation eingegriffen. In spätestens 25 Jahren darf dann auf drei Vierteln der Nationalparkfläche (7500 Hektar) nicht mehr gejagt werden.

Internationale Kriterien für Nationalparks: Bis 2044 müssen drei Viertel der Fläche jagdfrei sein

"Nach internationalen Kriterien für Nationalparks darf der Mensch auf Dreiviertel der Fläche nicht mehr eingreifen, also natürlich auch nicht mehr jagen", sagt Friedrich Burghardt, Leiter des Wildtiermanagements im Schutzgebiet. Wie alle deutschen Nationalparks ist auch der im Schwarzwald ein so genannter Entwicklungsnationalpark und hat noch bis zum 1. Januar 2044 Zeit, diese Forderung zu erfüllen.

Weil vor allem die Besitzer der angrenzenden Privatwälder die Beendigung der Jagd kritisch sehen, müssen in diesem Prozess viele Interessen berücksichtigt werden. "Dies ist der Grund, warum wir nicht sofort die Jagd einstellen können, sondern uns diesem Ziel schrittweise nähern", erklärt Friedrich Burghardt.

Nationalpark-Effekt: Tiere verlieren die Scheu

"Mittelfristig wird schon dieser erste Schritt dazu führen, dass die Tiere weniger scheu werden", sagt der Leiter des Wildtiermanagements im Schutzgebiet. "Das bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass unsere Gäste sofort mehr Rehe oder Hirsche sehen werden", ergänzt Nationalparkleiter Thomas Waldenspuhl. Das liegt unter anderem daran, dass es im Nationalpark Schwarzwald nur sehr wenige Bereiche, wie offene Wiesen, gibt, an denen Besucherinnen und Besucher die großen Wildtiere aus der Distanz beobachten können. Derzeit werden daher einige Beobachtungsstellen eingerichtet.

Wichtigste Aufgabe von Nationalparks: Wildtiere leben lassen und sich nicht in die Natur einmischen

Auch unabhängig von diesen sichtbaren Effekten ist sagt Friedrich Burghardt die jagdfreie Zone ein absolutes Herzensanliegen. "Bisher haben wir in unserem reichen Bundesland keine großflächigen Bereiche außerhalb umzäunter Wildparks in dem wir Hirsche, Rehe und Wildtiere vom Menschen unbehelligt leben lassen. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben von Nationalparks: der Natur und damit auch den Tieren auf dieser relativ kleinen Fläche den uneingeschränkten Vorrang einzuräumen und sich nicht mehr einzumischen."

Nur so könnten beispielsweise wissenschaftliche Erkenntnisse über das komplizierte Wirkungsgefüge von Pflanzen und Pflanzenfressern gewonnen werden. Der Schweizer Nationalpark, in dem jetzt seit 100 Jahren nicht mehr gejagt wird, habe dies vorgemacht. "Und nebenbei profitiert natürlich auch der Mensch, weil er in Nationalparks ein Gegengewicht zum Alltag finden kann, der nach ganz anderen Prinzipien funktioniert. Einen Ort der Ruhe und auch der Demut vor der eigenen Weisheit der Natur", ergänzt Nationalparkleiter Thomas Waldenspuhl.

Der Umgang des Menschen mit der Natur muss sich ändern

"Die großen Probleme der heutigen Zeit wie Klimawandel, Rohstoffknappheit und Artensterben werfen schließlich auch die Frage auf, ob der bisherige Umgang des Menschen mit der Natur ein tragfähiges Modell für die Zukunft unseres Planeten und der Menschheit sein kann", so Friedrich Burghardt, Leiter des Wildtiermanagements im Schutzgebiet. Umso wichtiger sei es, alternative Modelle zu entwickeln. Die Erfahrungen mit den ersten jagdfreien Zonen im Nationalpark werden wissenschaftlich untersucht und fließen in die weiteren Schritte ein.

Quelle: Ein Drittel des Parks ist jetzt jagdfrei. Nationalpark Schwarzwald, 9.8.2019

Informationen:
Nationalpark Schwarzwald

www.nationalpark-schwarzwald.de

Auerhahnbalz

Auerhahnbalz

Bild: Arne Kolb (Nationalpark Schwarzwald)

Jagdfreie Zonen in deutschen Nationalparks

Die 13 deutschen Nationalparks umfassen 0,5 Prozent der Fläche der Bundesrepublik. Die Nationalparks wollen das, was an ursprünglicher Natur noch vorhanden ist, vor der Nutzung durch den Menschen bewahren, die Eigendynamik und -entwicklung der Natur schützen und der Bevölkerung zugänglich zu machen. Wildnis soll entstehen, in der sich Tiere und Pflanzen frei und ohne menschliche Eingriffe entwickeln können. Dennoch wird in allen deutschen Nationalparks gejagt, so genannte Jagdruhezonen gibt es nur in Kernbereichen.

Einige Beispiele:
- Im Nationalpark Sächsische Schweiz findet eine so genannte Wildbestandsregulierung auf der gesamten Fläche statt.
- Auch im Nationalpark Harz und im Nationalpark Jasmund an der Ostsee findet Wildbestandsregulierung auf der überwiegenden Fläche statt.
- Im Nationalpark Hunsrück sind von 10.200 Hektar nur 450 Hektar jagdfrei, also gerade mal 4 Prozent der Gesamtfläche.
- Im Nationalpark Eifel sind von insgesamt 10.800 Hektar mit knapp 1.000 Hektar nur 10 Prozent der Gesamtfläche jagdfrei.
- Im Müritz-Nationalpark gibt es vier Jagdruhezonen mit insgesamt 2500 Hektar, das sind nur 8 Prozent der Gesamtfläche.

Einige Nationalparke sind schon weiter:

- Im Nationalpark Hainich sind von einer Gesamtfläche von 7.600 Hektar etwa ein Viertel jagdfreie Zone.
- Im Nationalpark Unteres Odertal sind auf 50,2 Prozent der Gesamtfläche (rund 5183 Hektar) Eingriffe des Menschen nicht gewollt, das gilt grundsätzlich auch für die Jagd.

Der Nationalpark Bayerischer Wald hat mit 76 Prozent jagdfreien Zonen als einziger deutscher Nationalpark die internationalen Kriterien bereits erreicht: Von einer Gesamtfläche von 24.222 Hektar wird noch auf 5.800 Hektar gejagt. In den Gebieten, in denen nicht gejagt wird, sind die Wildtiere weniger scheu als früher. Sie haben ihre Tagaktivitäten erhöht, sowohl bei der Nahrungsaufnahme, als auch beim Verhalten während der Paarungszeit. Die Nationalparksleitung vermutet, dass durch weniger Störungen und die verlängerte Dauer der Nahrungsaufnahme Verbiss- und Schälschäden gemindert werden. Auch die natürliche Luchspopulation von 6 bis 10 Tieren wirke einem zu starken Anwachsen des Rehbestandes entgegen.

Die Jagd ist die größte vorstellbare Störung für wildlebende Tiere. Wildtiere und wildlebende Tiere können sich so ziemlich an alles gewöhnen, was Menschen in Wäldern und Fluren treiben. Sie gewöhnen sich nachweislich auch an Erholungssuchende, das zeigen die Erfahrungen in Nationalparks ( Nationalpark-Effekt ). Nur an Verletzung und Tod kann sich kein lernfähiger Organismus gewöhnen - weder Mensch noch Tier.

Die Internetseite "Wildnis in Deutschland", einem Zusammenschluss von Naturschutzorganisationen, stellt Wildnisflächen in Deutschland (Nationalparke und Stiftungsgebiete) in Deutschland vor:
wildnisindeutschland.de

Jagd: Nebenform menschlicher Geisteskrankheit

Der erste Präsident der Bundesrepublik Deutschland, Theodor Heuss, schrieb:

Jägerei ist eine Nebenform von menschlicher Geisteskrankheit .
(Theodor Heuss: Tagebuchbriefe 1955-1963, hg. V. Eberhard Pikart, Tübingen/Stuttgart 1970, S. 106)

Fakten gegen die Jagd

Die moderne Wissenschaft

Die moderne Wissenschaft

hat in zahlreichen Untersuchungen zweifelsfrei nachgewiesen, dass Tiere empfindungsfähige, Freude und Schmerz verspürende Wesen sind. Tiere verfügen über ein reiches Sozialverhalten und gehen wie wir Beziehungen und Freundschaften ein. Sie können Liebe und Trauer empfinden, ja, sogar Fairness, Mitgefühl, Empathie, Altruismus und moralisches Verhalten zeigen, das über Trieb- und Instinktsteuerung weit hinausgeht.

Trotz beharrlicher Propagandaarbeit der Jagdverbände sinkt das Image der Jäger immer mehr: Immer weniger Spaziergänger, Hundehalter, Reiter und Mountainbiker lassen es sich gefallen, wenn sie von Jägern angepöbelt und bedroht werden - und sie protestieren gegen Ballerei in Naherholungsgebieten sowie gegen Massenabschüsse auf Treibjagden. Immer wieder zu lesen, dass Jäger aus Versehen Liebespaare im Maisfeld, Jagdkollegen oder Ponys auf der Weide mit Wildschweinen verwechseln - das kann einem draußen in der Natur durchaus Angst machen - ebenso wie Schüsse am Spazierweg oder Kugeln, die in Autos einschlagen. Außerdem haben Millionen Tierfreunde kein Verständnis, wenn Jäger ihre Hauskatzen abknallen oder drohen, den Hund zu erschießen.

Tierrechtsorganisationen decken immer wieder Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bei Treib- und Drückjagden sowie bei Gatterjagden auf, wo halbzahme Tiere gegen Geld abgeknallt werden. Warum Jäger Jagd auf Hasen machen, obwohl sie auf der Roten Liste bedrohter Arten stehen, kann irgendwie auch niemand mehr gut finden. Zudem haben 99,7 Prozent der Bevölkerung andere Hobbys, als Tiere tot zu schießen.

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Fakten gegen die Jagd - Die Natur braucht keine Jäger

Warum jagen Jäger wirklich?

Die Frage "Warum jagen wir?" beantwortet eine Jagdredakteurin wie folgt: "Einige beschreiben die Jagd als Kick, andere sprechen von großer innerer Zufriedenheit. Die Gefühle bei der Jagd sind ebenso subjektiv wie in der Liebe. Warum genießen wir sie nicht einfach, ohne sie ständig rechtfertigen zu wollen?"
Rationale Gründe, mit denen Jäger rechtfertigen, dass die Jagd notwendig sei, sind offenbar nur Ausreden. Jedenfalls schreibt die Jägerin: "Der Tod, der mit dem Beutemachen verbunden ist, ist verpönt. Deswegen suchen die Jäger Begründungen in Begriffen wie Nachhaltigkeit, Hege und Naturschutz."

Der Neurologe und Psychoanalytiker Dr. Paul Parin - ebenfalls begeisterter Jäger - schrieb in seinem Buch "Die Leidenschaft des Jägers": "Seit meinen ersten Jagdabenteuern weiß ich: Jagd eröffnet einen Freiraum für Verbrechen bis zum Mord und für sexuelle Lust, wann und wo immer gejagt wird."

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Immer mehr jagdfreie Grundstücke in Deutschland

Von Schleswig-Holstein bis Bayern: In Deutschland gibt es immer mehr jagdfreie Grundstücke!

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am vom 26.6.2012 entschieden, dass es gegen die Menschenrechte verstößt, wenn Grundeigentümer die Jagd auf ihrem Grund und Boden gegen ihren Willen dulden müssen, obwohl sie die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen. Aufgrund des Urteils des höchsten europäischen Gerichts wurde die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, ihre Jagdgesetzgebung entsprechend zu ändern. Grundeigentümer können bei der unteren Jagdbehörde einen Antrag stellen, dass Ihr Grundstück jagdrechtlich befriedet wird.

Eine aktuelle Dokumentation über jagdfreie Grundstücke und laufende Anträge auf jagdrechtliche Befriedung finden Sie hier.

Seit 1974: Jagdverbot im Kanton Genf

Im Schweizer Kanton Genf ist die Jagd seit 40 Jahren verboten. Noch nie war die Biodiversität größer und die Wildtierbestände regulieren sich selbstständig erfolgreich. weiterlesen

Seit 1914: Jagdverbot im Nationalpark Schweiz

Im Schweizerischen Nationalpark ist die Jagd seit 1914 Jahren verboten - ein erfolgreiches Modell für eine Natur ohne Jagd, das beweist: Ohne Jagd finden Tiere und Natur in ein Gleichgewicht. weiterlesen

Jagdverbote in immer mehr Ländern

In Luxemburg ist die Jagd auf Füchse seit 2015

In Luxemburg ist die Jagd auf Füchse seit 2015

verboten. Damit liefert unser Nachbarland den praktischen Beweis dafür, wie unnötig das massenhafte Töten von Füchsen ist - auch in der modernen Kulturlandschaft: Weder hat die Zahl der Füchse zugenommen noch gibt es Probleme mit Tollwut. Die Verbreitung des Fuchsbandwurms geht sogar zurück.

Immer mehr Länder sprechen für den Schutz von Wildtieren Jagdverbote aus. weiterlesen