Konzepte Natur ohne Jagd
Wald und Tiere nach der Beendigung der Jagd
Nach einem ganzflächigen Verbot der Jagd in Deutschland, das von uns angestrebt wird, greifen spezifische Hilfs- und Rahmenprogramme, die den Organismen in Wald und Flur sinnvolle Hilfen geben. Diese Programme seien nachstehend näher erläutert. Wenn ehemalige Jäger dies wünschen, könnten sie bei der Umsetzung dieser Maßnahmen wie z.B. der Anlage von Biotopen und Biotopvernetzungen einbezogen werden. Zunächst müssen Natur und Tieren Bedingungen geboten werden, die ein natürliches und stabiles Gleichgewicht langfristig ermöglichen. Wir dürfen nicht vergessen, dass sich unsere Wälder und die Restnatur durch die ständige Jagd und die kommerzielle Nutzung in einem völlig instabilen Zustand befinden.
Bei dieser sehr komprimierten Darstellung können zunächst nur die wichtigsten Aspekte dargelegt werden. Deshalb erfüllen diese Ausführungen natürlich nicht den Anspruch auf detaillierte Vollständigkeit.
Waldrandprogramme
Mit einem abgestimmten und spezifischen Waldrandprogramm greift die erste Stufe dieser Aktion:
In der Nähe von Aufforstungs- und Waldverjüngungsflächen wird, zusammen mit den beteiligten Landwirten, ein Programm für und am Waldrand gestartet. Am künftig unbejagten Waldrand bleiben zunächst Teile der Acker- und Feldflächen unbewirtschaftet, d. h. es findet zwar ein Anbau, aber keine Ernte statt. Dies ist vor allem in der sog. Übergangszeit von Bedeutung, da die Zusammensetzung der Wälder deutlich langsamer zu ändern ist als die Größe der Tierpopulationen.
Deshalb sind einige Soforthilfen notwendig: So wird den Konsumenten 1. Ordnung (Pflanzenfressern) eine natürliche Nahrungsaufnahme ermöglicht und eine Zufütterung kann unterbleiben. Ist dies aus strukturellen Gründen nicht möglich (z.B. angrenzender Weinanbau), wird den Wildtieren ein alternatives, natürliches Futterangebot gemacht.
Natürlicher Schutz von Anpflanzungen
Trotzdem können wir die Anpflanzungen zusätzlich schützen:
Unverwertbare ausgeschlagene und abgestorbene Bäume bzw. Baumteile werden zunächst als natürliche Hecken und Hindernisse um die neuen Anpflanzflächen errichtet (Benjeshecken). So wird nicht nur die Biomasse im Wald gelassen, sondern auch insektenfressenden Vögeln eine Nistmöglichkeit geboten. Diese natürliche Absperrung wird nicht nur die jungen Bäume vor direktem "Zugriff", sondern alle Bäume (durch die Vogelpopulationen) auch vor starkem Insektenbefall bewahren. Die Kosten/Nutzen-Relation ist auch hier als äußerst günstig einzuordnen.
Natürliche Sukzession
Kahlschläge im Wald werden komplett vermieden und es wird nur noch partiell ausgeschlagen. Die Anpflanzung erfolgt so standortnatürlich wie möglich, d. h. mit großer Artenvielfalt und angepasst. Außer Bäumen werden auch Büsche und krautige Pflanzen, unter Berücksichtigung der natürlichen Pflanzengemeinschaften, etabliert. Diese Aktionen sollten auch in den vorhandenen Monokulturen durchgeführt werden, lange vor die "Plantage" völlig ausgereift ist. Dies ermöglicht eine sukzessive Veränderung der Alters- und Artenstrukturen im Wald und verbessert gleichzeitig die Resistenz gegenüber verschiedenen Schädlingen, bzw. verhindert deren großflächige Ausbreitung.
Die Sukzession auf bereits vorhandenen Kahlschlag- (oder Sturmbruch-) flächen wird durch eine sinnvolle Einbringung natürlich vorkommender Arten unterstützt und zugelassen. Da auch hier unterschiedliche Alterstrukturen erwünscht sind, muss diese Aktion längere Zeit sinnvoll begleitet werden. So gibt es dann keine Plantagenwälder mehr, sondern eine natürliche Mischung zwischen alten und jungen, sowie Nadel- und Laubbäumen. Dazwischen wachsen aber immer Büsche, an den Rändern Hecken, die Kräuter, Moose und Farne werden sich entsprechend der Licht- und Bodenverhältnisse etablieren. Die Artenanzahl in Flora und Fauna wird sich auf diese Weise wieder stabilisieren und mit der Zeit sogar wieder erhöhen.
Biotopvernetzung
Diese Erhöhung der Artenanzahl wird durch eine Vernetzung der Waldflächen zusätzlich günstig beeinflusst, da die Artenanzahl immer von der Größe der Lebensräume abhängt. Lebensräume (= Biotope) wie Waldflächen, Wiesen und Felder werden durch Hecken und Bauminseln in der Feldflur miteinander verbunden. Feldgehölze bieten wildlebenden Tieren wie Feldhasen, Fasanen, Rebhühnern, Iltissen, Füchsen sowie vielen Vogelarten Schutz, Nahrung und Unterschlupf. Inselsituationen werden ausgeschlossen. Die Verbindung der einzelnen Waldareale gibt den Tieren nicht nur eine schützende Deckung, sondern wird auch die Unfallgefahr (Straßenverkehr) mindern.
Mit Wildübergängen und Schutzpflanzungen wird eine normale Ausbreitung und Wanderung aller Arten ermöglicht. Da der Jagddruck die Tiere dann nicht mehr traumatisiert, werden die Wildtiere ihren Lebensraum seltener verlassen als heute. Die urbanisierte Umwelt wird kaum einen Reiz für die Tiere haben und hat als Zufluchtsstätte ausgedient.
Natürliche Landwirtschaft
Im Zuge der von der Bundesregierung eingeleiteten Agrarwende wird die Umstellung von der konventionellen hin zu einer natürlichen Wirtschaftsweise gefördert. Durch die schrittweise Abkehr von der chemischen Keule sowie der Verseuchung von Böden und Grundwasser durch die Güllemengen aus der Massentierhaltung erholen sich die Böden und die Kleinstlebewesen im Erdreich. Feldblumen und Kräuter bieten Tieren Nahrung und Schutz und spenden dem Erdreich Schatten. Ausgelaugte Felder können sich wie früher in einem Brachejahr regenerieren. Auch für die Tiere ist die Brache ein wichtiger Lebensraum, in dem sie für dieses Jahr ungestört leben können. Die bäuerliche Landwirtschaft erholt sich durch die Abkehr von der Billig-Massenproduktion hin zur Produktion hochwertiger Lebensmittel.
Natürliche Regulierung der Population
Durch die Beendigung der Bejagung durch Menschen werden sich die Bestände an Beutegreifern in Wald und Flur (Füchse, Marder, Wiesel, Iltisse usw.) wieder erholen, d.h. ein normales Revierverhalten reguliert die Nachwuchszahlen und die großflächige Verbreitung von Krankheiten ist unterbunden (auch kontrollierte Behandlungen sind wirksamer möglich). So kann eine natürliche Nahrungskette wieder funktionieren. Die Konsumenten 1. Ordnung, aber auch Mäuse und andere Kleinsäuger werden wieder normale Bestandgrößen - und Schwankungen aufweisen. Natürlich verendete Tiere werden ebenfalls problemlos von den vorhandenen Beutegreifern entsorgt. Die gesundheitliche Gefahr für die Wildtiere, die von angelegten Luderplätze ausgeht (vgl. Untersuchungen zur Schweinepestverbreitung durch Jäger) besteht dann auch nicht mehr. Die derzeit überhöhten Schalenwildbestände regulieren sich auf Grund der Stressoren z. B. die räumliche Individuenanzahl in einem bestimmten Areal, beeinflusst z. B. den Hormonspiegel und damit die Fertilität. Die dann vorhandenen natürlichen Widersacher (s.o.) tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei. Die Ausbreitung der größeren Beutegreifer (z.B. Wolf und Luchs) aus dem Osten Europas hat schon lange begonnen (ein kleines wildes Wolfsrudel lebt seit 1998 auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Bad Muskau) und wird dann problemlos möglich sein, da die Waldflächen über sogenannte Biotop-Vernetzungen zusammenhängen.
Eine künstliche Wiedereinsetzung (Auswilderung gefangener Tiere) der großen Beutegreifer schein, aufgrund der vorliegenden Ergebnisse aus verschiedenen Untersuchungen und Projekten in Europa, weniger sinnvoll zu sein, da sich alle diese "Retortenbestände" nie vollständig in die vorhanden ökologischen Strukturen eingliedern ließen. Eine sukzessive Wiederbesiedelung (bei entsprechenden Rahmenbedingungen) scheint hier der deutlich bessere Weg zu sein.
Der erste Schritt für eine Rettung und Förderung unseres Naturerbes muss aber zunächst die Abschaffung der Jagd sein.