Wald vor Wild?!
Frage eines Jagdscheininhabers:
Wald vor Wild?!
Servus!
Zuallererst: ich oute mich als "Jagdscheininhaber". Dass das der gleiche Unterschied zum "Jäger" ist wie der zwischen "Führerscheininhaber" und "Autofahrer", sollte klar sein. Und: Mit einigem, was auf der Seite steht, kann ich mich durchaus identifizieren. Nicht mit allem, und der Stil ist mir ein bisschen arg dogmatisch, aber was solls, man muss extreme Standpunkte vertreten, um etwas zu bewegen. Alles andere ist Politik.
Ich hab mir das mit dem "grünen Abitur" gegeben und kann so ein bisschen mitreden mit Jagd, Natur und so - immerhin hab ich auch mal ein paar Semester Biologie gehört etc..
Was mich interessieren würde: Mit "Wald vor Wild" wurde ein Slogan kreiert, der die Schalenwildvernichtung nicht nur entschuldigt, sondern geradezu provoziert. Gerade von Seiten der Forstbehörden oder ÖJV-Jägern wird recht häufig geradezu hemmungslos alles über den Haufen geschossen, was man sieht "nur tote Rehe sind gute Rehe".
Entweder hab ichs bisher übersehen, oder Sie wenden sich mit Ihrern Antworten, Angriffen etc. hauptsächlich gegen private Jäger.
Was geschieht von Ihrer Seite um die Rehe, Hirsche etc. im Staatswald zu schützen?
Freundliche Grüße
Martin Erbinger
Antwort von Kurt Eicher:
Sehr geehrter Herr Erbinger!
Vielen Dank für Ihre Zuschrift. Wie Sie schon richtig erkannt haben, handeln wir natürlich nach dem Motto: »Das Unmögliche fordern, um das Mögliche zu erreichen«.
Ein Problem ist tatsächlich, dass wir sehr wenig repräsentative Beweisflächen haben (d. h. Baumzusammensetzungen, Klima, Urbanisierung und entprechende Größe mit Aussagekraft..) die eindeutig belegen, dass die bejagbaren Wiederkäuer für den Wald keinerlei Gefahr darstellen.
Aber immerhin es gibt sie in Europa: Alle bisherigen Untersuchungen zeigen, dass der Jagddruck die Waldrand- und Wiesenbewohner (vor allem Rehwild) in die empfindleichen
Schonungen von Neuanpflanzungen drückt und damit die Baum- bzw. Forstschäden tatsächlich durch die Jagd provoziert werden.
Diese Feststellungen traf schon vor Jahren Prof. Reichholf (ein renomierter Ökologe und Zoologe aus München) bei der Auswertung entsprechender Experimente.
Wenn keine jagdlichen Interessen mehr an Rot- und Rehwild (sowie auch Schwarzwild) beständen, gäbe es keine Zufütterungen in Notzeiten (die ohnehin für adaptierte Wildtiere der reine Schwachsinn sind) und keine Kirrungen. So würden sich die Tierbestände auf einem relativ niederen Niveau einpendeln, die unbejagt sich an Fichten o. ä. auch gar nicht
»vergreifen« würden, da diese Nahrungsquelle nur eine allerletzte Notlösung bei bejagten Tieren ist.
Stellen wir dann noch die wieder eingewanderten Wölfe in Rechnung, ist dieses Forstproblem nicht mehr vorhanden.
Sie sehen, wir sorgen uns auch um das Leben aller Tiere, auch in den Staatsforsten. Obwohl wir dies nicht explizit erwähnen, sind in unseren Forderungen auch die Staatsflächen integriert.
Der ÖJV hat manchmal Probelme mit seinem »Ö«, das macht ihn eben auch z.T. unglaubwürdig.
Das zunächst in aller Kürze....
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Eicher